Mädelswochenende in Nürnberg

* selbst finanzierte Reise 


 

 

Spontane Ideen sind ja bekanntlich die besten und dank diesem Internet ist die Welt heutzutage sowieso ein Dorf. Will heissen: Ab und an trifft man in den Weiten der sozialen Netzwerke Leute, mit denen man direkt auf einer Wellenlänge ist und manchmal bleibt es dann nicht beim lapidar dahingesagten "Wir müssen uns mal treffen." - Denn dann werden direkt Nägel mit Köpfen gemacht....

Und so traten Mitte Oktober zwei Mädels aus Ostwestfalen und ein Mädel aus Niederbayern die Reise an, um gemeinsam drei Tage lang Nürnberg auf den Kopf zu stellen.


So. Und was macht man nun als erstes, nachdem man nach 3,5 Stunden Fahrt angekommen ist und sich mit Kaffee/Tee und Snacks gestärkt hat? Shopping? Natürlich nicht! Reiseblogger betreiben in der Regel Sightseeing in Extremform und laufen dafür dann auch gerne mal 15km oder mehr kreuz und quer über Kopfsteinpflaster.

 

Kirchen sind ganz klar nicht meine Welt. Es sind imposante Bauwerke, definitiv! Aber mit allem, was sich darin und drumherum abspielt, kann ich nichts anfangen. Die St. Lorenz Kirche stellte sich uns allerdings mehr oder weniger in den Weg. Und wo wir schon mal dort waren....

Dieser gotische Bau war die Hauptkirche des südlich der Pegnitz gelegenen mittelalterlichen Siedlungskerns und wurde um 1250 angefangen zu bauen. Im Zweiten Weltkrieg kam es zu starken Beschädigungen, die Kirche wurde jedoch nach altem Vorbild wieder aufgebaut. Und auch wenn es gar nicht danach aussieht, ist die Lorenzkirche eine der beiden großen evangelischen Stadtkirchen Nürnbergs und Sitz des Stadtdekans. Prunkvoll und protzig eingerichtet auf Augenhöhe, majestätisch hingegen weiter oben: Die vielen Säulen und Bögen, die sich unter der Decke treffen, sind für mich der wahre Augenschmaus in diesem Bauwerk.

Lustig fanden wir diesen kleinen Ritter am Außenportal - anscheinend kannte man schon im Mittelalter die Spiderman-Pose ;-)

Eine kleine Information noch am Rande: Pro Jahr werden 800.000 Euro gebraucht, um diese Kirche in Schuss zu halten.

 

Weiter ging's nach außerhalb der Altstadtmauern, um einen Friedhof zu besichtigen. Jawohl, Ihr habt richtig gelesen. Denn beim Johannisfriedhof handelt es sich nicht um irgendeinen Friedhof, sondern um DEN Friedhof, auf dem Nürnbergs bekanntester Einwohner seine letzte Ruhestätte gefunden hat: Albrecht Dürer.

Unsere Mitstreiterin Ela, die erst am Abend des ersten Tages anreisen konnte, schickte per Whatsapp ein entrüstetes "Waaas?? Ihr geht ohne mich auf den Friedhof??"...nur um kurz darauf ein entgeistertes "Ich kann nicht glauben, dass ich das geschrieben habe." hinterherzuschicken. Nun ja, wie Ela im Laufe des Wochenendes noch richtig erwähnen sollte: Blogger/innen sind halt manchmal etwas "anders".

 

Mein erster Gedanke beim Betreten dieses Friedhofs wahr wohl "Ach herrje...", denn er ist voll und eng und überladen und bisweilen äußerst kitschig und so ganz anders als "normale" Friedhöfe. Bepflanzte Gräber gibt es hier nicht sondern sargförmige Betongruften, die dicht an dicht stehen. Wenn man aber bedenkt, dass dieser Friedhof seit dem 13. Jahrhundert besteht, ist es verständlich, dass dort möglichst nahe zusammengerückt wird.
Der Johannisfriedhof gehört zur "Historischen Meile Nürnberg" und wenn man sich einmal die Zeit nimmt, sich die Gräber genauer zu betrachten, weiss man auch warum. Außer Dürers Grab findet man hier noch einige andere namhafte Nürnberger wie Anselm Feuerbach, Willibald Pirckheimer, Veit Hirschvogel oder Veit Stoß. Die kunstvollen Details auf den Grabplatten haben mich jedoch am meisten beeindruckt: eiserne Familienwappen, Ritterrüstungen und Totenköpfe. Vor allem Totenköpfe in vielen Variationen, die auf diesem Friedhof merkwürdigerweise überhaupt nicht fehl am Platz wirken.

Kleiner Tipp: Wenn man nach der Besichtigung des Friedhofs die Johannisstraße stadteinwärts geht, einfach mal auf die Plaketten an den Häusern achten! Dank denen findet man wunderschöne Barockgärten in den Hinterhöfen.

 

Nachdem Ela am frühen Abend endlich aus Bayern angereist kam, stand als erstes die Frage an, wo wir essen wollten. Ein türkisches Restaurant in der Nähe unseres Hotels sah eher nach Spielhölle aus und Eva wollte sowieso lieber typisch fränkisch essen gehen.

Die Wahl fiel einstimmig und relativ schnell (Huuuunger!!!) auf das Heilig-Geist-Spital, welches früher tatsächlich ein Krankenhaus war und nun ein zünftiges Restaurant mit einer Weinstube beherbergt.

 

Wenn man mit Reisebloggerinnen unterwegs ist, worüber unterhält man sich dann? Na? Richtig! Zu 90% ging es um unsere Reisen - immer unterbrochen von einem "Ohh...da will ich ja auch noch hin!" von den jeweils beiden anderen. Eva vom Blog Burgdame ist genau wie ich auch sehr interessiert an Ruinen und Lost Places und hat überhaupt nichts gegen einen gewissen Gruselfaktor einzuwenden. Ela von Elablogt ist inmitten der allerherrlichsten Natur aufgewachsen und das macht sich auch in ihren Wanderberichten bemerkbar. Ansonsten ist sie ein Allround-Talent und auf ihrem Blog ist wirklich für jeden was dabei.

 

....abgeschlossen wurde der Abend dann übrigens ganz unzünftig in einem Irish Pub. Lustig war`s dennoch und - Heidewitzka! - kippen die Iren viel Wodka in den Cranberrysaft....

 

 

 

Ein absolutes MUSS wenn man Nürnberg besucht, ist natürlich die Besichtigung der Kaiserburg, die hoch über der Stadt liegt. Sie zählt zu den geschichtlich und baukünstlerisch bedeutendsten Anlagen Europas und hat so einige Herrscher überlebt. Die Staufer gingen hier ein und aus, Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Friedrich II. Heinrich VII. heiratete hier sogar. Daher empfehle ich jedem Besucher entweder an einer Führung teilzunehmen oder einen Audio-Guide zu nutzen, um in die Geschichte der Burg einzutauchen.

...und wenn man schon mal hier ist und auch wenn einige Mitreisende beim Anblick der vielen Stufen jammern "Ich bin zu alt für diesen Scheiß!" (Nein, Namen kann ich nicht nennen....ich verweise Euch hier aber ausdrücklich auf Elas Nürnberg-Blogbericht.), sollte man unbedingt den im Burghof stehenden Sinwellturm erklimmen, von dem aus man einen fantastischen Blick über die Altstadt hat.

Tipp: Wenn Ihr zur Burg hochgeht, dann nehmt doch den Weg durch das Bürgermeistersgärtla. Dort ist es zwar ziemlich steil, aber vom Wehrgang aus habt Ihr einen sehr schönen Blick auf die Burg:

 

 

 

Am Tag zuvor hatten Eva und ich ja schon Dürers Grab besucht, nun sollte es Dürers letzte Wirkungsstätte, sein Haus sein. Von aussen eher dunkel und geduckt wirkend ist es von innen erstaunlich hell und weitläufig. Erbaut wurde es gegen 1420, Albrecht Dürer lebte von 1509 bis zu seinem Tod 1528 hier.

Von seinem Leben und Wirken erfährt man hier eine ganze Menge. Wusstet Ihr zum Beispiel, dass er quasi das allererste Selfie veröffentlicht hat? Denn sein Selbstportrait ist so gekonnt gemalt, dass es glatt als Foto durchgehen würde. Was uns Mädels übrigens zu der Feststellung veranlasste, dass der Albrecht eigentlich ein ganz hübscher Kerl war. Nur mal so am Rande. Ein Schlawiner war er allerdings auch, denn er liess einfach ein Klo im Haus einbauen, was zur damaligen Zeit strengstens verboten war. Das alles erfahrt Ihr über die Audio-Guides, deren Nutzung ich Euch einmal mehr ans Herz lege.

 

Die Planung des restlichen Abends gestaltete sich dann ein wenig schwierig, denn wir hatten eine Führung durch die Felsenkeller gebucht und wollten vorher gemütlich essen gehen. Von wegen! Falls hier Nürnberger unter den Lesern sind: Was ist da los bei Euch samstags abends??? - Erstes Restaurant: "Tut uns leid, wir sind für heute abend ausgebucht.", zweites Restaurant ebenso, drittes auch, viertes gefiel uns nicht, fünftes zu vollgeräuchert, sechstes wieder ausgebucht ....dort haben wir uns dann allerdings voller Not (und Hunger) draussen hingesetzt. Und die australische Küche genossen.

 

Um 21.00 h ging es dann zur Kellergeister-Führung in die Katakomben von Nürnberg. Über Jahrhunderte wurden hier Gänge unter die Stadt geschlagen, mancherorts befinden sich sogar vier übereinander liegend. Ursprünglich zur Lagerung genutzt, wurden die Gänge im Krieg zum Zufluchtsort für viele Nürnberger bei Bombenalarm.

Bis heute existiert kein kompletter Plan der Gänge und ernsthaft - würde man mich dort irgendwo aussetzen, würde ich vermutlich nie wieder zurück ans Tageslicht finden. So viele Gänge, Abzweigungen und auch Sackgassen befinden sich dort unten.

 

Unsere Führung sollte uns etwas über diese Felsenkeller vermitteln, uns aber vor allem die verstorbenen Nürnberger Persönlichkeiten nahebringen. Und so begegneten uns die Geister von Agnes Dürer, Raubritter Eppelein, Kasper Hauser usw. An und für sich eine gute Idee. Mir war das Ganze jedoch leider mit ein wenig zuviel Klamauk behaftet.

 

 

Am nächsten Tag hiess es leider schon wieder "Tschüss Nürnberg". Bevor wir uns jedoch auf den Weg nach Ostwestfalen bzw. nach Bayern machten, besichtigten wir noch das Tucherschloss und den Hirsvogelsaal.

Hier könnt Ihr erkunden, in welchem Reichtum vermögende Patrizierfamilien einst gewohnt haben, über die Ahnengalerien (...inklusive schielender Großonkel und Kindern, die aussehen wie Chucky...ohne Witz!) staunen und in den kunstvoll angelegten Gärten flanieren.

 

 

....und was wir sonst noch so in Nürnberg gemacht haben? Lebkuchen gekauft. Tee gekauft. Schokolade gekauft. Kuchen gegessen. Macarons gegessen. Eva davon abgehalten, frittierte Heuschrecken zu essen....und außerdem sind wir 23 km gelaufen, was Kuchen und Co. also wieder neutralisiert.

 

Ob ich wiederkomme? Gerne!

Was mir nicht gefallen hat? Ich habe noch nirgendwo so viele Hundeverbotsschilder gesehen wie in Nürnberg. Schade.