Edersee - Atlantis

* selbst finanzierter Ausflug


Einst liess es sich im idyllischen Edertal nahe dem Nationalpark Kellerwald im hessischen Waldeck ruhig und beschaulich leben. Etwa 900 Menschen bewohnten die Dörfer Asel, Berich und Bringhausen und führten ein Leben inmitten der schönsten Natur....

 

....bis zum 1. April 1905. An diesem Tag wurde das Wasserstraßengesetz in Berlin verabschiedet, welches den Neubau von Talsperren im oberen Quellgebiet der Weser und des Mittellandkanals bis Hannover beinhaltete, um damit den Betrieb des neuen Lippe-Seitenkanals, des Rhein-Herne- und des Dortmund-Ems-Kanals zu gewährleisten. Das Edertal sollte einem Stausee weichen, was sich leider als pure Realität und nicht als makabrer Aprilscherz erwies. Für die 900 Menschen aus dem Tal bedeutete das, dass sie fortan ihrer alteingesessenen Heimat beraubt wurden, denn die Dörfer wurden entweder gesprengt oder teilweise abgetragen und die Bewohner an anderer Stelle neu angesiedelt. 

 

Zwischen 1908 und 1914 wurde die Staumauer aus 300.000 Kubikmetern Bruchsteinmauerwerk erbaut. Welche Bedeutung diese groß angelegte Baumaßnahme hatte, zeigte sich am Besuch Kaiser Wilhelm II., der sich persönlich im August 1911 vor Ort über die Fortschritte erkundigte. Geplant war zudem, dass er am 15. August 1914 in einer feierlichen Zeremonie die Staumauer einweihen sollte. Dazu kam es jedoch nicht, da zwei Wochen zuvor der erste Weltkrieg ausgebrochen war und der Kaiser nun wichtigere Termine hatte.

 

Die Überflutung der Dörfer war jedoch beschlossene Sache und die Bewohner mussten einiges zurücklassen. Ihre Häuser, ihre Bauwerke und auch ihre Toten blieben dort, wo vorher üppiges Grün und nun der Grund eines Sees war. 

 

In manchen Jahren, wenn der Sommer sehr trocken war, wird der Ederstausee abgelassen. Dann tauchen die Überreste der versunkenen Dörfer aus den Fluten auf und erzählen erneut ihre Geschichte. Edersee-Atlantis werden die Ruinen genannt - ein sagenumwobener Name, der hier aber durchaus seine Berechtigung hat.

 

 

Das Dorf Asel wurde nach der Umsiedlung der Einwohner von den Pionieren des Kaisers gesprengt. Die Ederbrücke, gebaut von 1887 - 1890, blieb jedoch stehen und ist heute das am besten erhaltene Bauwerk des Edersee - Atlantis, das zudem unter Denkmalschutz steht. 60 Meter lang und 4-bogig liegt die Brücke bei normalem Wasserstand etwa 10 Meter unter der Wasseroberfläche. Taucht sie jedoch aus den Fluten auf, wird sie instand gehalten und ist begehbar.

 

 

Auch das kleine Dorf Berich ist 1914 im Edersee versunken. 1566 auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Berich (das später als Meierei genutzt wurde) entstanden, hatte das Dorf etwa 140 Einwohner, die vor der Flutung des Stausees umgesiedelt werden mussten, da Berich bei vollem Wasserstand etwa 13 Meter unter der Oberfläche liegen würde. Die Bewohner wurden in Neu-Berich nahe Bad Arolsen neu angesiedelt und nahmen tatsächlich ihre Kirche, die sie Stein für Stein abtrugen und nummerierten, mit. Diese wurde in Neu-Berich wieder aufgebaut, jedoch verkürzt um zwei Joche.

Obwohl die Überreste des kleinen Dorfes Berich die meiste Zeit des Jahres unter Wasser liegen, kann man - wenn sie aus den Fluten auftauchen - noch viel erkennen vom einstigen Dorfleben. Eine Wand des ehemaligen Klosters ist sehr gut erhalten und wenn man sich die Grundmauern der Häuser ansieht, ist auch hier deutlich der Unterschied zwischen vermögend und arm auszumachen. Kopfsteinpflasterwege sind noch erhalten und hier und da findet man einen zerbrochenen Futtertrog.

Früher ein lebhaftes kleines Örtchen, ist Berich heute ein beliebtes Tauchgebiet. Hört sich für Aussenstehende zunächst wirklich komisch an, nicht wahr? Der Baum links oben im Bild steht normalerweise bis zum Grün im Wasser und der Felsen rechts oben im Bild bis zum kleineren der beiden Bäume. 

 

 

Auch wenn die Bericher so viel wie möglich aus der alten Heimat mitnahmen - ihre Toten mussten sie zurücklassen. Der Bericher Friedhof wurde mit Betondecken versehen und die Verstorbenen haben nun ihre letzte Ruhestätte unterhalb des Yachtanliegers gefunden. Bei niedrigem Wasserstand kann man den Friedhof jedoch begehen - dann liegt er oberhalb des Yachtanliegers, der mithilfe einer Seilwinde dem jeweiligen Wasserstand angepasst wird.

 

 

 

Der Edersee ist mit seinem reichhaltigen Freizeit- und Sportangebot und mit dem Nationalpark Kellerwald-Edersee (seit 2011 UNESCO Weltnaturerbestätte) sicherlich ganzjährig einen Besuch wert. Die beste Zeit für die Besichtigung des Edersee - Atlantis ist jedoch Ende September - Mitte Oktober....sofern es zuvor einen trockenen Sommer gab. 

 

Nähere Informationen findet Ihr unter www.edersee.com. Den Pegelstand des Stausees könnt Ihr unter 05623 - 19429 abfragen.