Buch vs. Film: Deine Juliet

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Es gibt Menschen, die von vorneherein niemals ein Buch lesen würden, wenn es auch den Film dazu gibt, Menschen, die grundsätzlich NUR das Buch lesen und denen der Film völlig egal ist, Menschen, die erst den Film sehen und dann das Buch nur mit mäßigem Interesse lesen, da die Sache mit der eigenen Fantasie nicht mehr funktioniert, wenn man im Film schon alles vorgegeben bekommen hat ….. und Menschen wie mich, die grundsätzlich zuallererst das Buch lesen und dann den Film ansehen. Und Vergleiche ziehen. Und bisher immer feststellen mussten, dass das Buch besser ist.

 

Deine Juliet - Das Buch

Der Roman von Mary Ann Shaffer und Annie Barrows lag schon einige Zeit unangerührt in meinen Bücherregalen und ist nun tatsächlich nur aufgrund des Films von mir gelesen worden. Im Nachhinein frage ich mich natürlich, warum ich so lange gewartet habe, denn das Buch war absolut großartig und ist von mir an einem Tag verschlungen worden. 

 

"Deine Juliet" ist ein Briefroman, der im England der späten 40er Jahre spielt. Die junge Londoner Autorin Juliet Ashton hat bisher eher mäßigen Erfolg mit ihren Büchern und wartet noch auf den ganz großen Durchbruch. Das Geld und die Lebensmittel sind knapp in der Nachkriegszeit und so wohnt Juliet zur Untermiete in einem kleinen Zimmer und verkauft ihre gelesenen Bücher, um für das Geld neue anzuschaffen.

 

Eines ihrer gebrauchten Bücher landet - noch vor dem Krieg - in einem Antiquariat auf der Kanalinsel Guernsey und wird vom Schweinebauern Dawsey Adams gekauft. Juliet schrieb einst ihre Adresse in das Buch und so kontaktiert Dawsey sie, um sie nach anderen Büchern des Autors des erworbenen Exemplars zu fragen. Man muss dazu wissen, dass Guernsey im Krieg von den Deutschen besetzt und quasi vom Rest der Welt abgeschottet wurde. Keine Nachrichten drangen auf die Insel vor, die Bewohner hungerten. Nach Essen und nach Bildung, denn Buchläden gibt es auch in der Nachkriegszeit nicht auf Guernsey.

 

Zwischen Juliet und Dawsey entspinnt sich ein Briefwechsel, in dem sie viel über die Insel und über seinen aus der Not heraus entstandenen Buchclub der "Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf" erfährt. Dieser Club ist entstanden, weil die Bewohner ein Schwein vor den deutschen Besatzern geheim halten mussten. Eine irre Geschichte, die Ihr unbedingt selber lesen solltet!

 

Juliet ist fasziniert von Dawseys Briefen und möchte immer mehr über ihn und die Mitglieder des Buchclubs wissen und kommt auf die Idee, das Ganze schwarz auf weiß für die Times zu verfassen, die gerne mit ihr zusammenarbeiten möchte. Ihr Verleger Sidney, ein guter Freund seit Kindertagen, gibt ihr grünes Licht und es kommt wie es kommen muss: Juliet reist auf die Insel, um die Menschen, die sie durch viele Briefe liebgewonnen hat, persönlich kennenzulernen.

 

Dann ist da aber noch Markham, Juliets Verehrer. Ein aalglatter Typ, der durch seine arrogante und besitzergreifende Art bei mir persönlich direkt verschissen hatte. Er macht Juliet den Hof und überschüttet sie mit Blumen, bis sie ihn erhört. Dass sie kurz darauf nach Guernsey reist, passt ihm gar nicht und der Ärger kündigt sich schon an.

 

Auf der Kanalinsel wird Juliet mit offenen Armen empfangen und erfährt so einige traurige Lebensgeschichten und Schicksalsschläge. Von der Verschiffung der Guernseyer Kinder aufs Festland mit der Ungewissheit, ob das nun ihre Rettung oder ihr sicherer Tod ist und ob man sie jemals wiedersieht. Von den Zwangsarbeitern, die halbtot immer weiterarbeiten mussten und denen die Bevölkerung, die selber nichts zu essen hatte, so gerne geholfen hätte. Von der unerlaubten Liebe einer Guernseyerin zu einem deutschen Soldaten. Und von Elizabeth, der Gründerin des Buchclubs, die verhaftet und aufs Festland gebracht wurde und von der man seitdem nichts mehr hörte. Die übrigen Mitglieder des Clubs haben die Hoffnung bisher nicht aufgegeben, zumal Elizabeth ihre kleine Tochter Kit in der Obhut ihrer Freunde ließ, die nun von allen gemeinsam aufgezogen wird. 

 

Dieser Roman ist sowohl traurig als auch romantisch, denn natürlich entspinnt sich da noch eine Liebesgeschichte. Obwohl die Deutschen in dieser Nachkriegsgeschichte natürlich mal wieder nicht positiv dargestellt werden, wird jedoch auch betont, dass nicht alle schlecht waren, dass man sich teilweise sogar mit dem Feind, der ja auch nur Befehle ausgeführt hat, anfreundete. Vor allem aber zeigt "Deine Juliet", wie Literatur Menschen zusammenbringt und Fremde zu Freunden macht, was für mich persönlich die schönste Aussage des Romans ist.

 

Es gibt noch einige kleine Nebengeschichten, wie zum Beispiel Briefe von Oscar Wilde oder Juliets erster Fast-Ehemann oder eine Person aus Belgien, die Licht in das Dunkel um Elizabeths Verbleib bringt und genau das alles ist es, was das Gesamtpaket für mich persönlich zu einem absoluten Highlight macht, zu einem der besten Bücher, die ich bisher in diesem Jahr gelesen habe und dem ich volle 5/5 GLITZERSTERNE gebe. Mit Sahnehäubchen obendrauf.

 


INFO ZUM BUCH

 

TITEL: Deine Juliet

AUTOR: Mary Ann Shaffer & Annie Barrows

 

VERLAG: Rowohlt Verlag (www.rororo.de)

ERSCHIENEN: Oktober 2009

ISBN: 978-3-499-24593-0

PREIS: 8,95 Euro

SEITEN: 306

 

TITEL DER ORIGINALAUSGABE: The Guernsey Literary and Potatoe Peel Pie Society

AUS DEM ENGLISCHEN VON: Margarete Längsfeld und Martina Tichy


Deine Juliet - Der Film

Natürlich muss man sich von Anfang an darüber im Klaren sein, dass niemand es schafft, ein komplettes Buch in zwei Stunden Film zu packen und daher einige Begebenheiten auf der Leinwand gar nicht aufgegriffen werden. 

 

Tatsächlich wich der Film in mehreren Sequenzen jedoch erheblich vom Buch ab: Dort lernen wir Juliet zunächst durch ihre Briefe an Sarah, der Schwester des Verlegers Sidney kennen. - Aus dem Drehbuch wurde Sarah allerdings komplett herausgestrichen. 

 

Im Buch entwickelt sich ein reger Briefwechsel zwischen Juliet und Dawsey. Er erzählt ihr von seinem Buchclub und sie wiederum unterbreitet ihm bald schon die Idee, die Geschichte der Mitglieder für die Times aufzuschreiben. Alle sind begeistert und fortan bekommt Juliet Briefe von allen Buchclubmitgliedern und wird immer wieder dazu gedrängt, zu einem Besuch auf die Insel zu kommen. - Im Film reist Juliet auf eigene Faust nach Guernsey und wird nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Die Idee, die Geschichte der Insel und des Buchclubs aufzuschreiben, stößt auf komplette Ablehnung.

 

Im Buch macht Markham sich langsam aber sicher an Juliet heran, schickt ihr immer und überall Blumen und Briefe hinterher. Bis sie ihn erhört, mit ihm ausgeht und die beiden ein Paar werden. - Im Film sind sie von Anfang an zusammen.

 

Im Buch weiß man lange nichts über den Verbleib von Elizabeth, die verhaftet und aufs Festland gebracht wurde, bis eine Person aus Belgien auf die Insel reist und Licht ins Dunkel bringt. - Im Film wird diese Person ebenfalls aus dem Drehbuch gestrichen, stattdessen lässt Markham seine Kontakte spielen und bekommt die Wahrheit heraus.

 

Kleinere Begebenheiten, wie zum Beispiel Juliets erster Verlobter, Sidneys Ausflug nach Australien, Sidneys durchtriebene Sekretärin, mysteriöse Briefe von Oscar Wilde und eine verhinderte Insel-Miss Marple, kommen im Film nicht vor. Durch diese Anekdoten sind die Figuren im Roman jedoch lebendig geworden, was sie daher im Film eher blass erscheinen lässt.

 

Nicht destotrotz hat mir der Film ausnehmend gut gefallen, was vermutlich auch an der wunderbaren Landschaftskulisse lag und daran, dass gleich vier Schauspieler aus meiner heißgeliebten Serie Downton Abbey in den Hauptrollen wiederzufinden sind: Da wäre Lady Marys Rennfahrer-Ehemann Henry (Matthew Goode) als Verleger Sidney, die jüngste Crawley -Tochter Sybil (Jessica Brown Findlay) als Elizabeth, Matthews Mutter Isobel Crawley (Penelope Wilton) als Amelia (großartig gespielt!!!) und natürlich die Hauptrolle, Lady Rose (Lily James) als Juliet.

 

Hätte ich den Film gesehen, ohne vorher das Buch zu kennen, wäre ich (auch wegen der vielen herzzerreißenden Kriegsszenen und des absolut authentischen großen Ganzen) hin und weg gewesen. So aber vergebe ich 4/5 GLITZERSTERNEN.

 

 

 

 

Bei Fragen und/oder Anregungen kontaktiert mich gerne unter kerstinwiegard@googlemail.com!