Was mal gesagt werden muss...

Und genau da liegt für mich das Absurde an der ganzen Thematik. Dieses Fastending hat ursprünglich einen kirchlichen Hintergrund und beginnt nach Karneval (Carne = Fleisch, Vale = Leb wohl), wo bei mir schon das erste Fragezeichen aufploppt. Denn wieso soll man damit nach Karneval anfangen? Wieso nicht nach der übermässigen Weihnachts- und Silvestervöllerei? Das wäre in meinen Augen sehr viel logischer, denn ursprünglich ging es ja darum, einfach kein Fleisch mehr zu essen. Ursprünglich hatten die Menschen keine Hobbys und bewegten sich nur zwischen Kirche und Arbeit und waren daher voller Enthusiasmus beim Fasten dabei.

Ursprünglich war auch das größte Problem der Menschheit, "was denn die Leute denken sollen", also hielt sich jeder fein brav an die Vorgaben der Kirche und überwachte mit Argusaugen die Nachbarschaft. ... bis ein paar gewitzte Jugendliche auf die Idee kamen, das Karfreitags-Grillen einzuführen. Natürlich mit Fleisch auf dem Rost. Viel Fleisch! Unnötig zu erwähnen, dass das einer Blasphemie gleich kam und infolgedessen zu der Zeit vermutlich lange Schlangen vor den Beichtstühlen standen.

Ich bin geboren und aufgewachsen im ostwestfälischen Paderborn, das katholischer als der Papst ist. Mit einer Oma, die noch katholischer als das katholische Paderborn war und deren einzige Lektüre ihr Gebetbuch war. Die andauernd ein "GebenedeitsestduMariavollderGnaden" vor sich hin brabbelte (An dieser Stelle sei kurz erwähnt, dass das Wort "Gebenedeit" mein ganz persönliches Unwort ist. Ernsthaft, ich kenne kein Wort, das weniger ästhetisch klingt!). Glücklicherweise konnte meine Mutter, die aus dem Norden stammt, sich in dem Punkt durchsetzen, meinen Bruder und mich evangelisch taufen zu lassen. Anderenfalls hätte ich ganz sicher ein Kindheitstrauma davongetragen und wäre schon an meinem 18ten Geburtstag aus der Kirche ausgetreten. Aber auch so wurden uns die Kirchenbesuche und das, woran wir gefälligst zu glauben hatten (weil das eben jeder macht und was sollen denn die Leute denken...), regelrecht aufgezwungen, was dazu führte, dass wir uns schon in jungen Jahren völlig verweigerten.

Dem aufmerksamen Leser dürfte also nicht entgangen sein, dass ich von allem, was mit Kirche und Glauben zu tun hat, nichts halte. Genauer gesagt finde ich es völlig unlogisch, ein imaginäres Wesen anzubeten. Meiner Meinung nach ist dieser ganze Glaubenskram die größte und erfolgreichste PR-Aktion aller Zeiten und die Bibel die erste BILD-Zeitung der Menschheitsgeschichte. Jede Religion behauptet von sich, die einzig wahre zu sein und jeder legt sich "Gottes" Gebote aus, wie er sie gerade braucht. Menschen bereichern sich unter dem Deckmantel der Kirche und fügen anderen Menschen Leid zu.

Versteht mich nicht falsch, denn ich akzeptiere den Glauben eines jeden Menschen - so lange er niemand anderen damit belästigt, bedroht oder Schaden zufügt (*kurz mal gen Osten rübergewunken*). Für mich persönlich ist es allerdings eine von vorne bis hinten völlig unlogische Sache, der ich absolut nichts abgewinnen kann.

 

Diese Macht der Kirche funktionierte wie gesagt vor Jahrzehnten, als die Menschen nichts hatten außer ihre Arbeit und ihren Glauben und ein Ausschluss aus der Gemeinde das Allerschlimmste gewesen wäre. Als man jede Krankheit, für die man keine Erklärung hatte, jeden Tod und jede schlechte Ernte "Gott" in die Schuhe schieben konnte. Heute funktioniert das nicht mehr, denn die Menschen haben sich - im Gegensatz zur Kirche - weiterentwickelt.

Das Fastenmodell, das ja im Grunde nicht verkehrt ist, benötigt also meiner Meinung nach dringend eine Generalüberholung und sollte sich eher an der Lebenseinstellung der Buddhisten orientieren, denn ich werde das Gefühl nicht los, dass es beim Fasten heutzutage immer nur heißt "Ich, Ich, Ich!". Ich verzichte auf dies und ich verzichte auf das. Die Sache ist aber die, dass ich auch im Sommer oder Herbst auf dies und das verzichten kann und mir da keine Termine von der Kirche vorschreiben lassen muss. Ein kollektives Verzichten fände ich jedoch sinnvoll und wünschenswert, wenn man dabei mal an seine Umwelt denken würde! Wir gehören hier in Deutschland zu den privilegierten Menschen auf diesem Planeten und gehen viel zu sorglos damit um - weil wir es eben so gewohnt sind. Wie wäre es also damit, 40 Tage lang Strom zu sparen? Wie wäre es damit, 40 Tage lang Wasser zu sparen? Wie wäre es damit, 40 Tage lang möglichst viel Müll zu vermeiden? Wie wäre es damit, 40 Tage lang mit natürlichen Reinigungsmitteln (z. B. Zitrone) zu putzen? Wie wäre es damit, 40 Tage lang nur das einzukaufen, was man wirklich wirklich braucht? Wie wäre es damit, 40 Tage lang möglichst oft zu Fuß zu gehen? Wie wäre es damit, in den 40 Tagen einen eigenen kleinen Gemüsegarten anzulegen (...denn eine Fensterbank hat ja wohl jeder)? Wie wäre es damit, sich 40 Tage lang ehrenamtlich zu engagieren? Wie wäre es damit, 40 Tage lang seine Eier dort zu kaufen, wo es glückliche Hühner gibt? Wie wäre es damit, 40 Tage lang zu sparen und das Geld anschließend für einen guten Zweck zu spenden?

Fasten, sporteln, mit dem Rauchen aufhören oder ähnliches könnt Ihr jederzeit. Wenn sich die Menschheit jedoch nur mal 40 Tage im Jahr um ein besseres Miteinander und um ein achtsameres Leben bemühen würde, würde das die Welt zu einem besseren Ort machen.

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    RoadTrip-Girl (Mittwoch, 29 März 2017 12:55)

    Genau meine Worte und Gedanken! Das Jahr hat mehr als 40 Tage in denen ich bewusst auf etwas verzichten oder einfach bewusster Leben kann. Wieso sollte ich besonders stolz sein, wenn ich 40 Tage auf etwas verzichte um danach vielleicht noch mehr als zuvor wieder in den alten Trott zu fallen...

    Herzliche Grüsse
    Veronica

  • #2

    ela (Mittwoch, 29 März 2017 21:38)

    Du weißt ja ich setze auf etwas Verzicht und den Versuch bewusst täglich etwas nettes zu tun. Viele deiner 40 Tage Vorschläge versuche ich aber schon länger in mein leben zu integrieren. Meine Eier hol ich bei der netten Nachbarin. Der Garten wirft auch einiges ab mittlerweile, mein Müll ist viel weniger geworden und die Schränke leerer, weil bewusster gekauft oder nachgekauft wird. Ich leb trotzdem noch im Überfluss, weiß ich und versuche ich auch zu schätzen.
    Was ich aber ganz gut am System Fastenzeit finde ist übrigens, dass sich daraus auch Diskussion ergeben und verzichten hilft ja auch oft die Dinge mal wieder zu schätzen. Möge sowas lange anhalten.
    Liebe Grüsse Ela

  • #3

    Anita von Running-Mami Blog (Mittwoch, 29 März 2017 21:45)

    Habe gerade sehr positiv (!) schmunzeln müssen über deinen Blogpost �. Schön formuliert und sehr ehrlich. Selbst bin ich zwar auch eine von "denen, die mitmachen" aber aus komplett unreligiösen Gründen. Ich finde es nicht verkehrt, sich einer Herausforderung zu stellen. Unmassgeblich finde ich dabei, was gefastet wird. Egal ob Fleisch, Schokolade, Strom oder Abfall. Den Zeitpunkt finde ich dabei ebenso unwichtig. Wenn's aber die Fastenzeit ist und man sich von der Gemeinschaft anstecken lässt, warum nicht auch dann?
    Ich denke, wem's ernst ist und wer das nicht nur aus "Angst" vor der Kirche tut, sondern authentisch dabei ist, mit eigenen Zielen, bei dem kann ein Verzicht durchaus auch weiterwirken und den ein oder anderen positiven Effekt auf das Leben "danach" haben.
    Grüsse
    Anita