Zeitzeugen: Lost Place - Die verlassene Lungenheilanstalt

Wenn man als Hobby das Urban Exploring, also das Bestaunen und Fotografieren lange verlassener jedoch nicht immer vergessener Bauwerke betreibt, bekommt man irgendwann ein Gespür dafür, in welchen Gegenden die Chance, ein solches Objekt zu finden, besonders hoch ist. Häufig ist es nämlich so, dass die Gebäude - Lost Places genannt - nicht nur seit Jahren verlassen sind, sondern auch seit ebenso vielen Jahren unaufhaltsam von der Natur überwuchert und somit schnell übersehen werden.

Gerade im Nordosten des Landes wurden im letzten und vorletzten Jahrhundert viele Sanatorien und Lungenheilanstalten gebaut, deren Betrieb sich dann irgendwann - meistens nach der Wende - nicht mehr rentierte und die mitunter von heute auf morgen verlassen, sich selbst überlassen wurden. Sich selbst und leider auch zahllosen Vandalen, die vermutlich mitnahmen, was sich noch zu Geld machen liess und ansonsten ihrer Zerstörungswut keinerlei Einhalt geboten. Denn so ist es leider in der Regel in Lost Places - man findet kaum einen Raum, der intakt oder nicht mit Graffitis beschmiert ist.

Diese verlassene Lungenheilanstalt liegt jedoch sehr versteckt und nichts drumherum weist darauf hin, dass an diesem Ort einst viele Patienten (zu Glanzzeiten "Pfleglinge" genannt) ein und aus gingen. Schwindsucht und Tuberkulose wurden hier mit sogenannten Liegekuren bzw. Luftkuren geheilt, was nichts weiter bedeutete, als dass die Patienten mehrere Stunden täglich auf Liegestühlen im Freien oder in offenen Liegehallen lagen. Und atmeten. Das Klima der Orte, an denen sich die Lungenheilanstalten befanden, galt als besonders gesundheitsfördernd und bis heute ist die Bezeichnung "Luftkurort" erhalten geblieben.

Wenn man durch die Flure und Zimmer dieser Lungenheilanstalt geht, bemerkt man, dass vom einstigen Wohlstand dieses Hauses leider nichts mehr übrig ist.
1894 wurde das Hauptgebäude errichtet und drei Jahre später eingeweiht. Zunächst bot es Platz für 40 männliche Patienten, nur ein Jahr später wurde jedoch wenige Meter daneben ein Haus für 24 weibliche Patienten eröffnet.
Die Heilstätte erfreute sich großer Beliebtheit,  insofern erweiterte man die Räumlichkeiten und konnte somit in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts 100 männliche und 80 weibliche Erkrankte gleichzeitig behandeln. Zur dieser Zeit baute man zusätzlich ein Gebäude für erkrankte Kinder.

Zu DDR-Zeiten leistete die Anstalt immer noch gute Dienste, war aber mittlerweile zum Fachkrankenhaus geworden. Da jedoch die Zahl der Tuberkulosekranken in den folgenden Jahren sehr stark abnahm, fand das Gebäude in den 80ern seine Bestimmung als Sanatorium für Herz-Kreislaufpatienten. Anfang der 90er wurde es erneut umgewandelt, diesmal zur Reha-Klinik - kurz darauf, Ende 1993 wurde es jedoch für immer geschlossen und steht seitdem leer.

Da es von der Lage her und auch aus architektonischer Sicht ein wahres Schmuckstück ist, bestanden zeitweise die Pläne, hier ein Wellness-Resort der Kempinski-Gruppe entstehen zu lassen. Große Ankündigungen wurden gemacht und man fing sogar schon mit dem Abbruch der Nebengebäude an. Irgendwann besann man sich jedoch anders und etwa 2009 wurden die Wellness-Pläne über den Haufen geworfen

Wenn diese Mauern reden könnten, würden sie uns mit Sicherheit einige Geschichten erzählen. Sie schweigen jedoch, sind ihrer einstigen Bestimmung, ihres Glanzes und der Geschäftigkeit, der Freude, der Tränen und der Arbeit in ihnen beraubt worden und warten auf die Dinge, die da noch kommen werden....

 

 

 

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