Eguisheim - Ein Spaziergang durch das vermutlich schönste Örtchen im Elsass


Das vermutlich schönste Örtchen? - Nun, Schönheit liegt ja immer im Auge des Betrachters, zudem müssen sich die anderen kleinen elsässischen Örtchen sicherlich auch nicht verstecken, denn jedes für sich hat einen unglaublichen Charme. Jedes ist auf seine Weise einzigartig ...und doch weiß man sofort: Hier bin ich im Elsass. 

 

Die Elsässer an sich habe ich als sehr entspannte und ganz extrem freundliche Menschen kennengelernt, das elsässische Landschaftsbild ist geprägt von den Bergen der Vogesen, Weinanbau so weit das Auge reicht und einer Burgruine auf fast jedem geeigneten Felsvorsprung. Die Ortschaften haben fast ausnahmslos einen pittoresken historischen Fachwerk-Stadtkern zu bieten, an dem man sich gar nicht sattsehen kann. Weinhändler gibt es in jeder Straße zuhauf, denn das Elsass ist das größte Weinanbaugebiet Frankreichs, und so sind diese zauberhaften kleinen Ortschaften auch meistens umgeben von tausenden Weinstöcken. 

 

In unserem Campingurlaub zu Ostern 2019 wohnen wir auf einem Campingplatz oberhalb der Altstadt von Eguisheim. Die Lage ist wirklich perfekt, denn nach Westen hin beginnen direkt die Weinberge, die dann irgendwann von den vorliegenden Wäldern der Vogesen abgelöst werden - inklusive einem perfekten Ausblick auf die drei Burgen, die Trois Chateaux, die auch dem Campingplatz seinen Namen geben. Nach Osten müssen wir nur fünf Minuten durch ein leicht abschüssiges Wohngebiet gehen und sind prompt in einer anderen Welt....

 

Wenn man die Altstadt von Eguisheim betritt, glaubt man zunächst, eine Zeitreise ins Mittelalter unternommen zu haben, denn genau so sieht es dort aus: Windschiefe kleine Fachwerkhäuschen, die sich eng aneinander schmiegen, alte Sprossenfenster, Weinfässer, krumm gelaufene Treppen, Kopfsteinpflaster und Haustüren, durch die allenfalls ein Hobbit bequem, und ohne sich bücken zu müssen, gehen kann. Eguisheim wurde vor einigen Jahren zum schönsten Örtchen Frankreichs gewählt - wenn man selbst dort ist, versteht man auch sofort, warum.

 

Eguisheim hat viele einzigartige Besonderheiten zu bieten, zum Beispiel die Art, wie dieses Städtchen überhaupt aufgebaut ist. Rund. Es gibt einen äußeren Stadtring, der irgendwann auch mal von einer Stadtmauer begrenzt wurde, an die dann aber Häuser dicht an dicht gebaut wurden. Das ist die heutige Rue du Rempart, bei der wir unseren Spaziergang beginnen. Man kann hier auf dieser leicht gebogen verlaufenden Straße eigentlich alle paar Meter stehen bleiben und Fotos schießen, denn die Häuserfluchten bieten einfach immer aufs neue wunderbare Motive. 

 

Schrieb ich "leicht gebogen"? Die Rue du Rempart verläuft im Kreis einmal um den Stadtkern von Eguisheim. Das bemerkt man aber vor lauter Staunen und Fotografieren gar nicht und wundert sich dann, wenn man plötzlich wieder am Ausgangspunkt gelandet ist.

 

Es gibt noch eine zweite innere Ringstraße, die ebenfalls komplett im Kreis verläuft: Die Rue du Allmend. Der Sinn dieser kreisförmig angelegten Straßen war vor langer Zeit der Schutz der innenliegenden Zehnthöfe, denn Eguisheim hatte zwar keine militärische, dafür aber eine sehr wichtige wirtschaftliche Bedeutung.

 

Auf unserem Spaziergang kommen wir immer wieder an Schautafeln vorbei, die auf mittelalterliche Besonderheiten aufmerksam machen, beispielsweise auf jahrhundertealte Zunftzeichen über den Hauseingängen oder auf den damaligen Brauch der Eheleute, ihr Haus zu segnen, indem sie bestimmte Zeichen und Buchstaben in die Fensterstürze malten. Dies ist heute oft noch gut erhalten und gibt uns eine kleine Vorstellung davon, wie das Leben vor einigen Jahrhunderten in Eguisheim wohl ausgesehen haben mag.

 

Allgegenwärtig bei unserem Spaziergang sind auch die vielen Winzer und Weinstuben. Hier herrscht ein schieres Überangebot und dennoch wirkt es niemals als "zu viel". Cafés und Restaurants gibt es in Eguisheim ebenfalls zur Genüge, mein vegetarisches Ich wird hier jedoch auf eine harte Probe gestellt: Die Elsässer lieben Fleisch in sämtlichen Variationen. Zu jedem Essen gibt es Fleisch, und das nicht zu knapp. Vegetarische Gerichte sind auf vier von fünf Menükarten nicht vorhanden und wenn, dann auch nur allerhöchstens zwei. Unser Restaurantbesuch fällt dann auch leider unter die Kategorie "nicht erwähnenswert", denn mir bleibt nichts anderes übrig, als ein normales Fleischgericht, nur eben ohne das Fleisch, zu bestellen. Das Gemüse und die Spätzle sind somit ein ziemlich langweiliges Abendessen. Der Göttergatte hat leider auch Pech - sein Steak ist zäh wie eine Schuhsohle und lässt sich kaum schneiden. Erwähnenswert ist allerdings, dass wir in Eguisheim den wohl leckersten Eiskaffee unseres bisherigen Lebens trinken.

 

Wenn man aus dem inneren Stadtring in die Stadtmitte tritt, stechen zwei Dinge sofort ins Auge: Das Chateaux de Saint-Leon, eine kleine Burg, die leider nicht zu besichtigen ist, und die Kapelle des Bruno von Eguisheim, des berühmtesten Sohnes der Stadt, der im Jahr 1049 in Rom zu Papst Leo IX. ernannt wurde. Die Kapelle ist frei zugänglich und zeigt in aufwändig gestalteten Deckenbildern Stationen aus dem Leben von Leo IX.

 

Direkt vor Burg und Kapelle befindet sich ein verspielt gestalteter Brunnen mit vielen Ornamenten und Ausgüssen und mit der steinernen Figur des Papstes. Jetzt zur Osterzeit ist dieser Brunnen, wie auch die meisten Häuser in Eguisheim, reich geschmückt. Die Besonderheit ist aber, dass eben dieser Brunnen angeblich die Macher des Walt Disney Zeichentrickfilms "Die Schöne und das Biest" inspiriert haben soll. In der Anfangsszene des Films spaziert Belle durch ein ganz typisch elsässisches Örtchen und sitzt irgendwann mit einem Buch am Brunnen, wo sie von Schafen umringt wird (Walt Disney halt....). Ob diese Inspirationsquelle nun stimmt, lasse ich mal dahingestellt - eine schöne Idee ist es auf alle Fälle.

 

Eine andere Besonderheit in Eguisheim findet man weiter oben, dafür aber recht häufig: Storchennester. Eguisheim ist auch bekannt als "Village de Cigognes", als Ort der Störche. Glücklicherweise ziehen diese riesigen Vögel zu Ostern gerade ihre Brut groß und so sehen wir in einer Woche so viele Störche, wie in unserem ganzen vorherigen Leben zusammengerechnet nicht. Sogar über den Campingplatz staksen sie und lassen sich weder von uns noch von den Hunden stören. 

 

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Campingplatzes befindet sich ein kleiner Storch-Park. Hier erfahren wir, dass die Vögel in den 70ern und 80ern aus Eguisheim und Umgebung fast verschwunden waren. Mittlerweile werden einige von ihnen drei Jahre lang in Gehegen aufgezogen und dann erst in die Freiheit entlassen. Mit dieser Methode macht man sie "heimattreu" und so kehren sie jedes Frühjahr zurück nach Eguisheim. Der Bestand hat sich im Laufe der Jahre erholt und es ist jedes mal eine Freude, die Störche zurück zum Nest fliegen zu sehen, die Storchenkinder, die über den Rand gucken und das Schnabelklappern der Elterntiere zu hören.

 

 

Wart Ihr schon mal im Elsass? Was ist Euch dort besonders in Erinnerung geblieben? Welchen Ort habt Ihr besucht? 

 

 

 

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Shadownlight (Sonntag, 05 Mai 2019 15:59)

    Die Stadt ist ja urgemütlich!
    Liebe Sonntagsgrüße!

  • #2

    Sylvie (Mittwoch, 08 Mai 2019 09:38)

    Hallo Kerstin,
    ich habe heute zum ersten Mal von Eguisheim gehört und wurde förmlich von den Bildern angezogen. Danke für die tolles Tipps, dein Beitrag wird gespeichert!
    Liebe Grüße
    Sylvie

  • #3

    Thomas (Mittwoch, 08 Mai 2019 15:49)

    Hallo,
    Schöner Artikel und Bilder. Ich war bisher in Colmar. Dieses Städtchen muss ich mir merken.
    Lg
    Thomas

  • #4

    Martina (Donnerstag, 09 Mai 2019 15:55)

    Hallo! Was für schöne Bilder! Danke für den tollen Bericht! Fabelhafter Ort. LG Martina