Freies Wochenende und keine weiteren Verpflichtungen - das bedeutet bei uns, dass wir entweder für 2 bis drei Tage wegfahren, oder dass wir einen Lost Place aufsuchen. So wie kürzlich. Der Göttergatte hatte diese alte Kaserne im Internet ausfindig gemacht und der Weg dorthin war von der Strecke her auch noch vertretbar. Also nichts wie los!
Der ungefähre Standort der Kaserne konnte im Internet recherchiert werden, die genaue Lage nach ein wenig Sucherei über Google Earth.
Kaum angekommen, wurde sich zunächst der obligatorische Überblick verschafft, denn diese Kaserne liegt ziemlich einsam in einem Waldstück, nirgendwo stehen Verbotsschilder, allerdings war auch nirgendwo ein Zugang zu finden. Der Urbexer an sich weiß jedoch, dass dieser äußere Schein meist nur für die präsentative Vorderseite solcher Gebäude gilt. Da sieht alles so aus, wie es die Behörden haben wollen - macht man sich jedoch die Mühe, sich solcher Orte von hinten zu nähern, steht man in der Regel vor offenen Türen. So auch hier.
Die Gebäude auf dem riesigen Areal wurden einst von ausländischen Soldaten bewohnt und genutzt. Vor über 20 Jahren wurde der Betrieb jedoch eingestellt und seitdem verfällt hier alles.
Natürlich wurde hier - wie leider in fast allen Lost Places - jede Menge Vandalismus betrieben, die Wände vollgesprüht und vermutlich geklaut und zu Geld gemacht, was sich zu Geld machen liess.
Ich persönlich frage mich ja bei solchen Gebäuden immer, warum man kaum eine Fensterscheibe findet, die noch intakt ist. Wer fängt damit an, die Scheiben einzuschlagen? Und was hat derjenige davon?
Der positive Aspekt an solch einem Vandalismus ist allerdings, dass die Natur sich langsam in die Gebäude vorarbeitet, was für mich dann den größten Reiz ausmacht. Denn wenn in den Zimmern ein Teppich aus Gras und Farn wächst und sich der Efeu über die Wände rankt, sieht das einfach schön aus.
Selbstverständlich würde ich niemals deswegen auf die Idee kommen, etwas zu zerstören! Ernsthaft, ich habe noch nie in einem Lost Place irgendetwas angepackt, denn ich habe eine totale Abneigung gegen Schimmel - und der ist ja in solchen Orten meist allgegenwärtig.
Diese Kaserne ist aufgebaut wie eine kleine Stadt: in den Außenbereichen liegen die Wohneinheiten, im "Ortskern" spielte sich in den Turnhallen, den Kirchen und dem Kino das alltägliche Leben ab.
Da es zwei Kirchen gibt, ging ich zunächst davon aus, dass es sich um eine evangelische und eine katholische handelt, später habe ich allerdings erfahren, dass auf diesem Gelände zwei Kasernen standen, die jedoch räumlich nicht voneinander getrennt waren, trotzdem jede ihre eigene Kirche und Turnhalle besaßen.
So richtig schön "Old School" ist dieses Kino, findet Ihr nicht auch? Schon die Aussenfassade gibt tolle Fotomotive her, da so ein 50er Jahre Kino mitten im Gestrüpp einfach surreal aussieht.
Leider kannte jedoch auch hier die Zerstörungswut mancher Menschen keine Grenzen, was um dieses Gebäude wirklich wirklich schade ist.
Die zweite Kirche hat kein nennenswertes Dach mehr, jedoch ist der Kirchturm massiv und intakt, so dass man von dort oben einen guten Rundumblick geniessen kann.
Da die zweite Turnhalle größer und heller als die erste ist und zudem über eine Tribüne verfügt, wurden hier vermutlich Wettkämpfe ausgetragen.
Man kann sich gut vorstellen, wieviel Leben einst an diesem Ort war - nun geht man durch eine Geisterstadt, die verfallen und zerstört ist und von der Natur zurückerobert wird.
Viele Lost Places werden irgendwann abgerissen oder umgebaut - dieser hier wird vermutlich in seinem vergessenen Dasein bis in alle Ewigkeit bestehen.....