Lost Place: Das Kloster über der Stadt


 

Geradezu monströs wirkt es, wie es da über der Stadt thront und man bekommt den Eindruck, dass es das größte Gebäude weit und breit ist. Das größte und vermutlich auch fast das verlassenste.

 

Einst war hier eine Menge Leben und das Anwesen erstrahlte im Glanz und Prunk seiner Zeit, denn die ausnahmslos adligen Benediktinerinnen waren natürlich einen gewissen Luxus von zuhause gewohnt, bevor sie sich in die Obhut des Klosters begaben. Vermutlich wurde die Abtei von den Familien der Nonnen mit großzügigen Spenden bedacht und so sollte es den Damen an nichts fehlen. Na, an fast nichts.

 

 

Verschnörkelte Eisengitter an den Geländern der Balkone und verzierte Fenster gaben dem Haus einst den Anschein eines herrschaftlichen Anwesens, in den Mauern wurde jedoch gebetet und gearbeitet. 

Gegründet wurde diese Abtei angeblich um 1122, wie aus einer Urkunde Heinrich V. hervorgeht, die sich dann jedoch als Fälschung erwies, aber dennoch einen wahren historischen Kern hat. Sicher ist, dass bereits im 13. Jahrhundert aufgrund diverser Schenkungen die Kirche des Klosters fertiggestellt war und im 15. Jahrhundert etwa 150 Schwestern diesem reinen Adelskloster angehörten. Dann jedoch kam es zu wirtschaftlichen Problemen und ein verheerender Brand im 18. Jahrhundert tat sein übriges. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Kloster aufgelöst, die Kirche abgetragen.

 

 

Danach fand der Gebäudekomplex seine Bestimmung als Kaltwasserheilanstalt und prominente und betuchte Gäste aus Ganz Europa gaben sich hier die Ehre. Untere ihnen zum Beispiel Anna Sewell, die Autorin des Kinderbuch-Klassikers "Black Beauty" und jener Onkel Thomas Manns, der seinen Neffen zur Figur des Christian Buddenbrook im Roman "Buddenbrooks" inspirierte. 

 

 

Zu Beginn des ersten Weltkrieges war die Zeit der Kaltwasserheilanstalt unwiderruflich zuende, denn der Komplex wurde zum Reservelazarett umfunktioniert. Erst nach dem zweiten Weltkrieg fand das Gebäude zurück zu seiner ursprünglichen Bestimmung und wurde erneut als Kloster und gleichzeitig als Schule genutzt.

 

 

Doch auch dieses Kloster schloss Anfang der 80er Jahre seine Pforten und seitdem steht das  Gebäude mehr oder weniger leer. Mehr oder weniger? - Ja. Einige Obdachlose haben sich in den Gemäuern häuslich niedergelassen und der Zerstörungswut der Vandalen und Graffiti"künstler" ist auch hier - wie vielerorts - nicht beizukommen.

Der Geist der Vergangenheit hat sich schon lange verflüchtigt und zurückgeblieben sind kalte und trostlose Mauern, ein Labyrinth an Räumen, in denen kein Leben mehr ist, kein Lachen. Und obwohl der Komplex zu einem Teil des UNESCO-Welterbes zählt, ist der Herzschlag der Zeit hier schon lange stehengeblieben.