Lost Place: Villa Dr. Horror


Verlassene Orte, sogenannte Lost Places oder auch Rotten Places genannt, üben auf viele Menschen eine große Faszination aus. Denn immer stecken hinter solchen Orten auch interessante Geschichten. Und so wächst die Gemeinde der Urban Explorer, kurz Urbexer, stetig an, die den Verfall solcher Objekte mit ihren Kameras dokumentieren, die einzigartige Atmosphäre und die Zurückeroberung durch die Natur. Der Ehrenkodex der Urbexer lautet: "Leave nothing but footprints", was soviel bedeutet, dass man nichts zerstört, nichts verändert und nichts mitnimmt. Leider hält sich nicht jeder daran und auch Vandalen suchen solche verlassenen Orte gerne auf, um sich zum Beispiel in Form von Graffitis zu verewigen.

 

Villa Dr. Horror?

Warum Villa Dr. Horror? - Dieser von Menschenhand erbaute und dann irgendwann einfach zurückgelassene Ort gilt als DER Hot Spot in der deutschen Urbexer-Szene und hat viele Namen. Früher wurde nur hinter vorgehaltener Hand darüber geflüstert und die genaue Adresse sogar angeblich gegen Bares gehandelt. Heute berichten sogar Zeitungen über diesen wirklich einzigartigen Ort. Einzigartig, weil die Besitzer scheinbar nur mal kurz das Haus verlassen wollten..... und dann nie zurückgekehrt sind.

Es gibt viele Mythen und Geschichten über dieses Haus und die Wahrheit wissen bzw. wussten wohl nur die Besitzer selber. Fakt ist jedoch, dass es kein vergleichbares Objekt gibt, in dem noch so viele Einrichtungsgegenstände und persönliche Sachen der Besitzer vorhanden sind. Und auch wenn im Laufe der Jahre sicherlich vieles entwendet oder zerstört wurde, ist es immer noch etwas Besonderes.

Bekannt ist, dass hier einst ein Dr. der Urologie mit seiner Sprechstundenhilfe, die bald schon seine Frau wurde, lebte. Der Arzt hatte seine Praxis im Souterrain, in den oberen Etagen befanden sich die Wohnräume. Die Praxisräume sind noch weitgehend eingerichtet mit Behandlungsstuhl, Liegen, Wartezimmerbereich, Patientenakten und sogar einem Labor mit in Formaldehyd eingelegten Körperteilen. An allem hat überdeutlich der Zahn der Zeit und natürlich auch der Vandalismus genagt, trotzdem ist dem Ganzen ein extrem morbider Charme nicht abzusprechen.

Kommt man nun in den Wohnbereich, sieht man im Eingangsflur Hüte und Jacken und Handtaschen - ein alltägliches Bild. Nur, dass die Besitzer dieser Sachen niemals wiederkommen werden. Man weiss von einem Sohn des Ehepaares, der ebenfalls Arzt ist, aber in Berlin wohnt und mittlerweile auch schon etwa 80 Jahre alt sein müsste. Von einer Tochter, die Selbstmord begangen haben soll, ist auch hier und da die Rede, darüber ist jedoch nie etwas bestätigt worden. (Manche Urbexer berichten übrigens sogar von Geistererscheinungen im Haus. Und ja, gruselig ist es dort wirklich.)

Was ist nun also wirklich hier passiert? Warum wurde das Haus scheinbar überstürzt verlassen? - Da muss ich Euch leider enttäuschen, denn darüber ist nichts bekannt. Der Arzt starb scheinbar 1988, wobei nicht sicher ist, ob durch einen Verkehrsunfall oder einen Herzinfarkt. Seine Frau vermietete die Praxisräume an andere Ärzte, blieb aber im Wohnbereich der Villa. 2006 kam sie krankheitsbedingt im stolzen Alter von 100 Jahren in ein Altersheim, wo sie 2012 verstarb.

Ihr Sohn aus Berlin besuchte seine Mutter anscheinend recht häufig im Altersheim und machte mit der begeisterten Autofahrerin dann Ausflüge in die Umgebung, die elterliche Villa interessierte ihn jedoch offensichtlich nicht. Er liess alles an seinem Platz, sogar diesen herrlichen Steinway-Flügel. Dass sein Elternhaus immer wieder aufgesucht und der Verfall seiner Geschichte dokumentiert wird, hat ihn nie interessiert. Das Haus ist weder verschlossen noch ist irgendwo eine Kamera oder Alarmanlage installiert. Seit 10 Jahren ist es nun unbewohnt und verfällt zusehends. Der Schimmel hat sich mittlerweile auf das ganze Gebäude ausgebreitet und in den oberen Etagen brechen die Böden durch. Von aussen kann man Löcher im Dach erkennen und der Garten ist ein einziger Urwald.

Als extrem bücherliebender Mensch war dieser Anblick für mich ein Graus! Diese Bücher wurden offensichtlich geliebt und gehegt und sortiert - bis man sie im Stich liess und irgendwelche Vandalen meinten, den Fußboden damit auslegen zu müssen.

Was die Besitzer bzw. die Bewohner dazu bewogen hat, dieses Haus von jetzt auf gleich aufzugeben und warum scheinbar auch die angemieteten Ärzte die Praxisräume geradezu fluchtartig verlassen haben, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.....

 

 

P.S. Man möge mir die schlechte Qualität der Bilder verzeihen, die Lichtverhältnisse in der Villa sind leider suboptimal.